
Kleingartenidyll, Rheinhausen, Juli 2013. „Das muss im Vogelfutter gewesen sein.“
Der Fuchs ist schlau
und stellt sich dumm
beim Nazi ist das andersrum
Der Autor dieses Graffito hat messerscharf herausgearbeitet, weshalb AfD-Anhänger auf keinen Fall Nazi sein können. Denn von ihnen wissen wir ja, dass man sich auch dann dumm stellen kann, wenn man tatsächlich dumm ist.
Nach fast einem Jahr Pause sind wir wieder da. Von nun an gibt es wieder Fotos und Notate aus der Hafenstadt und gegen Duisburg.
So fleißig wie der Kollege von Amore e rabbia werden wir aber nie werden. Er feierte kürzlich den zweiten Jahrestag und insgesamt 580 Einträge. Solidarische Grüße gehen von hier an die Liebe und den Zorn.
Na, wenn das keine Aufforderung ist, endlich weiterzumachen? Siehe 2. Mai 2009.
Abseits der kulturellen Leuchtturmprojekte – und nur dort – tut sich so einiges in der Hafenstadt. Ein Beispiel ist die Gruppe Turlitawa, deren Mitglieder in Duisburg und Umgebung wohnen. Zum ersten mal sah ich sie bei einem beeindruckenden Auftritt am 24. Mai im Komma-Theater in Rheinhausen. Auf der Bühne und im Publikum wirkten damals viele Bewohnerinnen und Bewohner des beim Mittelstandspöbel verhassten Bergheimer „Problemhauses“ mit.
Jetzt also ein Wiedersehen mit Turlitawa. Im Rahmen der Veranstaltungsserie Odyssee von (WDR-) Funkhaus Europa trat die Band am 19. Juli im Freilichttheater am Ringlokschuppen in Mülheim auf. Als Gäste wurden die Musiker des Agusevi Dzmabo Orchestar aus Skopje begrüßt.
Der Name Turlitawa steht für ein Eintopfgericht aus Mazedonien. Musikalisch handelt es sich um eine Mischung von Balkan- und Roma-Musik mit Jazz und elektronischer Musik.
Die Stärke der Formation sind ihre Live-Auftritte, die jedesmal ein Erlebnis sind und das Publikum von den Plätzen reißen. Die stärksten Momente sind „tanzbarer Freejazz“.
Auf der gerade neu erschienenen ersten Turlitawa Studio-CD Tziganorama vermisse ich leider die Improvisationen und das wunderbar Schräge der Live-Auftritte.
Funkhaus Europa hat den Auftritt in Mülheim mitgeschnitten – man kann nur hoffen, dass dieser Mitschnitt gesendet und verfügbar wird. Einen kleinen Eindruck vermitteln – leider nur visuell – diese Hafenstaedter-Fotos (bitte auf das jeweilige Foto klicken):
P.S.:
Sendetermin des Turlitawa-Mitschnitts vom 19.7. auf WDR – Funkhaus Europa ist
Montag, 22.7.13 23:00 bis 0:00
Ein paar Videoclips von den Proben findet man hier:
http://www.youtube.com/user/tziganorama?feature=watch
Heute wurde die Hafenstadt wieder einmal heimgesucht vom rassistischen Wanderzirkus der PRO-Bewegung.
Wenn hochrangige Politiker wie Bundesinnenminister Friedrich Bedrohungsangst gegenüber Flüchtlingen schüren und ein großer Teil der Massenmedien ihnen dabei assistieren, dann steht selbstverständlich auch die extreme Rechte bereit, Öl in‘s Feuer zu gießen. Das Bild mit dem Feuer muss man wörtlich nehmen. Die heutige Situation wird häufig mit der kurz vor den Pogromen Anfang der 1990er Jahre verglichen, teils als alarmistische Mahnung, teils aber auch als unverhohlene Drohung. In einem solchen Klima sieht die extreme Rechte (wieder einmal) ihre Stunde gekommen. Sie wähnt sich am Beginn des von ihr ersehnten Bürgerkrieges und als entschlossene und tatkräftige Vollstecker des vermeintlichen Volkswillens.
Soweit die Theorie. Die Praxis sieht dann aber doch zum Glück noch anders aus. Selbst die wildgewordenen Spießer, die mit rassistischen und antiziganistischen Parolen gegen ihre neuen Nachbarn aus Bulgarien und Rumänien Sturm laufen, haben sich von Pro-NRW distanziert. Der Duisburger Kreisverband von Pro-NRW ist nach wie vor nur ein Phantom, und auf dessen Website wird als aktuellste Meldung das vergangene Weihnachtsfest angekündigt.
So blieb man also wieder einmal unter sich, und das ist gut so. Die Herrschaften fuhren mit Kleinbussen und PKWs vor, hielten in einem Käfig aus Polizeigittern ihre kurze Kundgebung ab und verschwanden dann wieder. Ich zählte 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (13:10 Uhr, inklusive Pressevertreter, Zivilpolizisten etc.) Das soll also der groß angekündigte „Höhepunkt“ der Kundgebungstournee durch ganz NRW gewesen sein.
Etwa 300 Gegendemonstranten (das ist für Duisburger Verhältnisse an einem Werktag-Vormittag, bei klirrender Kälte und an einem abgelegenen Ort sehr viel) protestierten gegen Rassismus. Sie solidarisierten sich mit den bulgarischen und rumänischen Bewohnerinnen und Bewohnern des sogenannten „Hochhauses“ in DU-Rheinhausen-Bergheim. Das wurde aber auch mal Zeit! So hatte also die Provokation der Rassisten den positiven Nebeneffekt, dass die Duisburger Zivilgesellschaft endlich einmal Flagge gezeigt hat zugunsten der Flüchtlinge.
Höhepunkt der Gegenkundgebung war in meinen Augen die mutige Rede eines Schülers einer Rheinhausener Gesamtschule. Obwohl es seine erste Rede vor großem Publikum war, gelang es ihm, präzise und klar zu argumentieren und das auch verständlich vorzutragen. Rassismus und Antiziganismus wurden von ihm klar benannt und in einen politischen Kontext eingeordnet. Er sparte nicht an scharfer Kritik gegenüber Medien und Politikern und schloss dabei anwesende Politiker nicht aus, denen er „Heuchelei“ vorwarf. Der Schüler zitierte Äußerungen seines Vorredners Sören Link (Duisburger Oberbürgermeister) in der BILD-Zeitung, die ganz anders klangen, als dessen heutige Rede. Die Kritisierten reagierten auf diese undiplomatische jugendliche Analyse wie beleidigte Leberwürste.
Vor 120 Jahren wurde der Künstler Otto Pankok in Mülheim an der Ruhr geboren. Aus diesem Anlass wird es eine ganze Reihe von Ausstellungen geben, die zu besuchen es sich lohnt.
An drei Orten gleichzeitig sind seit Mitte Februar jeweils 20 der 60 großformatigen Kohlezeichnungen des Zyklus „Die Passion“ zu sehen, in Wesel, in Drevenack und in Düsseldorf.
Den Düsseldorfer Teil der Ausstellung findet man im Maxhaus (Schulstraße 11, in der Altstadt nahe dem Kino- und dem Keramik-Museum), einem ehemaligen Klostergebäude, das nach der Säkularisierung als Schule genutzt wurde, Heinrich Heine war dort Schüler, und das heute die katholische Bildungsstätte Maxhaus beherbergt.
Im nunmehr überdachten ehemaligen Kreuzgang sind bis zum 30. März die großformatigen Kohlezeichnungen Otto Pankoks zu bewundern. Die Arbeiten entstanden 1933 und 1934, sie wurden von den Nazis verboten (die SS-Zeitung Das Schwarze Korps schrieb, Pankoks Werk sei „Gotteslästerung“), und überstanden das Tausendjährige Reich in einem Versteck bei Freunden.
Pankok präsentiert einen Jesus auf der Seite der Armen. Die „Passion“ beginnt mit der Geburt und endet mit der Kreuzabnahme und nicht mit den Legenden über seine Auferstehung. Auch der bei diesem Thema bei anderen Künstlern (z.B. bei Emil Nolde) oft krass zu Tage tretende christliche Antisemitismus spielt bei Pankok – soweit ich das beurteilen kann – keine Rolle.
Die sehr empfehlenswerte Seite der Otto-Pankok-Gesellschaft www.pankok.de schreibt über die „Passion“:
Seine Darstellung von Demütigung und Leiden in den 60 Episoden aus dem Leben Christi ist programmatisch grotesk. Pankoks Diskurs vereint Ethik und Emotion. Seine Anklage ist unmissverständlich – die Jüdin Maria, die Mutter Gottes, verkörpert die Zigeunerin Ringela, die später in Sachsenhausen ermordet wird, den Juden Jesus am Kreuz (Bild 54 der Passion) verkörpert der Maler Karl Schwesig (1898 – 1955), der von den Nazis auf Grund seiner kommunistischen Sympathien verhaftet und gefoltert wird. In Pankoks Wiedergabe der biblischen Geschichte sind Juden, Zigeuner, Kommunisten und Künstler „das göttliche Ebenbild“, ihre Folterer sind die „Gefallenen“, sie tragen die Züge der Gestaposchergen. Pankoks „Passion“ ist ein Akt des Mutes.
Pankoks Jesus wäre heute in Duisburg-Bergheim. Von der katholischen Kirche würde er exkommuniziert, weil er die Theologie der Befreiung predigen und sogar auch praktizieren würde.
Als auf den ersten Ostermärschen Anfang der 1960er Jahre die Demonstranten eine Abbildung von Otto Pankoks Holzschnitt Jesus zerbricht das Gewehr auf einem Transparent mitführen wollten, wurde das von der Polizei unterbunden – wegen „Gotteslästerung“.
Nur etwa 200 Meter vom Maxhaus entfernt findet man Otto Pankoks Bronzefigur „Ehra“. Sie wurde 1997 als Mahnmal für die verfolgten und ermordeten Sinti und Roma aufgestellt.
Zum Gedenken an die Sinti und Roma, die durch den Nationalsozialismus Opfer des Völkermordes wurden.
Diese Figur des Sinti-Mädchens Ehra schuf der Künstler Otto Pankok (1893–1966) zur Erinnerung an die mit ihm befreundeten Düsseldorfer Sinti, von denen über 100 aus dem Lager Höherweg abtransportiert und ermordet wurden.
Das Mädchen Ehra selbst gehörte zu den wenigen KZ-Überlebenden.
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Hier sehen Sie die Motive, die Sie per Versand als Paket oder in der Weltbühne auch einzeln bekommen können:
Die Tageszeitung junge welt aus Berlin schreibt über die Zeitschrift aus der Hafenstadt DER METZGER:
Zum Jubiläum gibt es nun ein etwas dickeres, 52 Seiten starkes Heft, denn nach 100 Ausgaben gilt es, endlich einmal Bilanz zu ziehen. In einem ausführlichen Interview beantwortet der Herausgeber 33 1/3 Fragen, die sich der Musiker und Dichter A.S.H. Pelikan sowie der Blogger Heinrich Hafenstaedter ausgedacht und aufgezeichnet haben.
Lesen Sie bitte hier: Minderheit der Minderheit (jw 10.8.2012)
Den METZGER bekommen Sie hier: Buchhandlung Weltbühne