Die Infrastrukturapokalypse hat auch ihre schönen Seiten. Seit dem zweiten August kann man in der Todeszone auf der A40 über dem Rhein gemütlich spazierengehen.
Die Autobahnbrücke zwischen Neuenkamp und Essenberg wurde plötzlich und ohne Vorwarnung gesperrt. Grund ist ein 70 cm langer Riss in der Aufhängung der tragenden Stahlseile. Die Brücke sei der starken Belastung durch den Verkehr nicht mehr gewachsen, sie werde von dreimal soviel Fahrzeugen genutzt als ursprünglich angenommen. Das klingt plausibel. Es grenzte allerdings an ein Wunder, wenn in Duisburg nicht auch Pfusch am Bau und mangelnde Wartung im Spiel wären.
Jetzt staut sich der Verkehr auf den übrigen – ebenfalls maroden – Brücken, LKWs verstopfen die Stadt, der Nahverkehr ist fast zusammengebrochen, die Feuerwehr richtete eine Notwache auf der linken Rheinseite ein, da ihre Einsatzfahrzeuge im Stau steckenbleiben.
Doch im Zentrum des Hurrikans herrscht Stille. Wo sonst Tag und Nacht der Verkehr braust, kann man entspannt flanieren. Nur wer den Höllenlärm an diesem Ort kennt, weiß diese Stille zu schätzen. In der Mitte des Stroms hört man sogar die Schafe, die auf den Deichwiesen grasen. Diese Schafe hatten einen Tag zuvor auf der Autobahn zu Fuß den Rhein überquert (die Rheinische Post berichtete darüber).
Die kühne Architektur der 1970er Jahre kann man nun endlich aus der Nähe bewundern.
Der Mittelstreifen ist sonst nur unter Lebensgefahr zu betreten und durch eine Luke zu einem Gang unter der Fahrbahn zugänglich. Unter widrigen Umständen hat sich auf dem nackten Metall ein Biotop herausgebildet. Flechten und Mose bilden die Grundlage für sukkulentenartige Pflanzen. Sie stehen gerade in Blüte.
Hochfelds berühmte Pilz-Graffiti sind auch hier präsent.
Die Radarfalle, die auf der Brücke Tempo 100 erzwingen soll, wurde von mutmaßlichen FDP-Anhängern zerstört: Freie Fahrt für freie Bürger.
Aber tue ich dieser Partei jetzt Unrecht? Thomas Wolters, der Duisburger OB-Kandidat der FDP, forderte sogar eine Entschleunigung. Er will die Brücke provisorisch durch eine Fähre ersetzen (siehe Artikel in der WAZ).
Vielleicht sollte man diesen konstruktiven Vorschlag aufnehmen und als nachhaltiges politikfähiges Exzellenz-Konzept konsequent weiterentwickeln: Die gesamte A40 wird auf Dauer ausschließlich für Radfahrer und Fußgänger freigegeben.
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